Gute Brand Faces heben deinen 9:16-Kanal auf das nächste Level. Doch was tun, wenn sich die Wege trennen? Wie können sich Brands auf einen Abgang vorbereiten; wie sich wappnen gegen den geballten Unmut der Community?
Lockcard: ein spannendes Startup aus Ulm. Kreative Jungs mit innovativen Ideen, die in nützliche Alltagsgegenstände münden und uns das Leben erleichtern sollen. Digital Natives, die mit Smartphones aufgewachsen sind; das merkt man in jedem Video. Für mich war Lockcard die TikTok-Brand des Jahres 2023. Doch all das schützt nicht vor inneren Zerwürfnissen, und genau das führte Ende letzten Jahres dazu, dass sich das Gründer-Duo zerstritt und David Rau, der den Account maßgeblich auf TikTok vertrat, aus dem Unternehmen schied. Seitdem ist buchstäblich jede Kommentarleiste unter den Videos ein Trauerspiel, denn die Community hat Davids Abgang nicht verkraftet. Unzählige Kommentare handeln vom ehemaligen Mitarbeiter, und das führt mich zu der Frage: Wie schützen sich Unternehmen davor, dass mit dem Abgang eines einzigen Angestellten Chaos entsteht?
Knicks in der Performance? Normal!
"Ohne David Insolvenz."
"Vielleicht solltet ihr eure neue Katze David nennen."
"Ohne David wird das nichts mehr."
"Ohne David kein Lockcard."
Es kann kein angenehmes Gefühl sein für die Lockcard-Crew, wenn sie sich durch die Kommentare unter den Videos scrollt. Dabei sind sie keinesfalls die ersten, die mit der Trennung eines Account Managers zu kämpfen hatten. Als Technik-Experte DasIstJay seine Stelle bei chip.de aufgab und sich selbstständig machte, lag der TikTok-Kanal des Verbraucherportals über Nacht still. Nach einiger Zeit wurde er zwar reaktiviert, doch auch zig Jahre später ist nichts so, wie es früher mit Jay war. Lockcard kam im Vergleich dazu gut weg: Zwar kamen schnell ca. 10.000 Follower abhanden und auch die Views gingen etwas runter, denn David machte einen guten Job, das ist unbestritten. Fakt ist: Macht ein Brand Face einen guten Job und scheidet plötzlich aus, ist es nur logisch, dass es ein Knicks in der Performance gibt, sonst wäre davor etwas nicht allzu richtig verlaufen. Doch wenn Brands diese Situation proaktiv angehen, kann der Schaden minimiert werden, und zwar ebenso vor einer möglichen Trennung wie hinterher.
Vier Maßnahmen gegen die Leere danach
1. Die Verantwortung auf mehrere Schultern verteilen
Ein Mensch steht sicherer auf zwei Beinen als auf einem. Ob man diesen Vergleich nun als gelungen bezeichnen will oder nicht, ist er am Ende doch irgendwie auf Brands übertragbar. Fällt jemand aus, springt jemand anders ein. Das hilft bereits bei einem simplen Krankheitsfall. Lockcard machte das in gewisser Weise schlau, da bereits während Davids Tätigkeit immer wieder andere Gesichter zu sehen waren. Obwohl sie selbstverständlich nicht im Mittelpunkt standen, gab es bereits erste Touching Points.
2. Offenheit und Transparenz
Sollte es zum Crash kommen: unbedingt offen kommunizieren und keine Geheimnisse daraus machen. Die Lockcard-Community roch den Braten sehr früh und argwöhnte, dass es nicht nur bei Davids angekündigtem Jakobsweg bleibt. Die Reaktion sowohl von allen Beteiligten ließ auf sich warten - das ist irgendwo verständlich, denn es braucht im Konfliktfall einfach etwas Zeit, bis Einzelheiten geklärt und nach außen kommuniziert werden. Im Dezember veröffentlichten sowohl Lockcard als auch David (über seinen privaten Account)
eine Erklärung, doch in den zwei Monaten dazwischen nahmen die Spekulationen überhand und waren schnell das alles dominierende Thema. Das hätte eventuell besser laufen können, doch ich will Lockcard in Schutz nehmen: Wenn man nie zuvor in einer solchen Situation war, ist es schwierig, diese auf Anhieb perfekt zu meistern.
3. Community Marketing
Community Marketing ist ein potenter Hebel. Ob man nun Reichweite generieren, für Traffic sorgen oder eine eigene Message verbreiten will - Community Marketing sollte eigentlich von allen Brands praktiziert werden. Hier hätte Lockcard aktiver werden können, um der Flut an Kommentaren etwas entgegen zu setzen und das Narrativ in eine andere Richtung lenken. Selbstverständlich stets humorvoll, konstruktiv und respektvoll, denn alles andere wäre nur weiteres Öl, das ins Feuer gegossen wird
4. Weitermachen!
Klar, oder? Den Content einzustellen, darf keine Option sein. Die Lücke muss kompensiert werden, selbst wenn sie zu Beginn sehr groß erscheint. Mit der Zeit wächst die Nachfolge in die Aufgabe hinein. Auch das machte Lockcard sehr gut: Nach der Ankündigung der endgültigen Trennung wurde eine gut einwöchige TikTok-Pause angekündigt, um Druck vom Kessel zu nehmen. Danach übernahm Davids Bruder Aaron den Account und macht seine Sache alles andere als schlecht. Auch die Anzahl der auf David bezogenen Kommentare wird mit der Zeit weniger.