Seit dem 31. März ist der TikTok Shop auch in Deutschland verfügbar – und sorgt für Gesprächsstoff in der gesamten Digital- und E-Commerce-Szene. Die Plattform, bekannt für virale Kurzvideos und popkulturelle Trends, wagt nun den Schritt vom Entertainment- zum Verkaufs-Kanal. Produkte lassen sich direkt in der App entdecken und kaufen – sei es per Livestream, Feed-Video oder im eigenen Shop-Tab.
Doch während viele den Launch als „das nächste große Ding“ feiern, lohnt sich ein genauer Blick. Vor allem, wenn man sich anschaut, wie TikTok Shop in anderen Märkten performt – und was erste Stimmen aus Deutschland berichten.
Mit dem TikTok Shop verschmilzt Social Media endgültig mit Commerce. Die Idee ist nicht neu – Instagram und Facebook haben Ähnliches versucht –, aber TikTok bringt neue Dynamik ins Spiel.
Die Vision: Entertainment wird zur Shopping Experience. Und wer weiß – vielleicht soll TikTok langfristig eine Super-App im Stil des chinesischen WeChat werden, in der Kommunikation, Unterhaltung, Kauf und Bezahlung in einem System verschmelzen. Aktuell ist es vor allem ein Experiment mit deutlich erkennbarer Richtung: viel günstiger, impulsiver, snackbarer Konsum – ganz im Stil von Temu.
Ein Blick in die USA, wo TikTok Shop bereits seit Herbst 2023 verfügbar ist, zeigt: Die Plattform kann funktionieren – aber nur unter bestimmten Bedingungen.
Die Bilanz: TikTok Shop kann skalieren – aber es braucht hohe Investitionen, Content-Fit und ein gutes Verständnis der Plattformdynamiken. Eine universale Lösung für alle ist das Format (noch) nicht.
Auch in Deutschland wird schon getestet – prominent etwa von ABOUT YOU. Co-Gründer Tarek Müller hat kürzlich auf LinkedIn ein ehrliches Zwischenfazit gezogen:
„32.000 Zuschauer bisher. Im Schnitt jedoch nur 33 Sekunden. 10% klicken auf ein Produkt, also rund 3,2k Klicks. Conversationrate super low. “
Trotz aufwändiger Umsetzung (70 Shows, 25+ Hosts, wechselnde Sets) sei der Umsatz bislang enttäuschend – ohne starke Rabatte oder massiven Paid Push gehe kaum etwas.
Ähnlich analysiert Florian Litterst, Experte für Social Ads, die aktuelle TikTok-Shop-Landschaft. Er hat sich mehrere Live-Shops in Deutschland angeschaut und öffentlich einsehbare Verkaufszahlen ausgewertet:
Littersts Fazit: Gut funktionieren Snacks und Nischenprodukte mit starkem Plattform-Fit. Aktuell gibt es noch keine Möglichkeit, gezielte Ads für TikTok Shops zu schalten – organische Performance ist also alles. Und “Viralität ist nicht planbar”.
Wie zu erwarten, performen Creator Shops aktuell besser als Brand Shops. Die durchschnittliche Größe des Warenkorbs von 30 Euro überrascht aber doch. Max Dorn von Enkime berichtet weiters von vielen Impulskäufen und wenigen Retouren. Brands müssen sich also die Frage stellen: Wie platziere ich mich optimal bei Creators? Was sich ebenfalls zeigt: Der TikTok Shop ist ein Ökysystem aus Kaufanreizen, gesteuert über Creator-Content – und unterscheidet sich damit von Amazon oder Shopify.
Der bisherige Eindruck aus Deutschland und den USA:
✅ Gut laufen: günstige, impulsive Produkte mit klarem Mehrwert oder Unterhaltungsfaktor – oft in Verbindung mit bekannten Creators oder starken Communities.
⛔️ Schwierig wird es, wenn das Produkt erklärungsbedürftig, hochpreisig oder visuell wenig auffällig ist.
🛠️ Eine Hürde ist aktuell das fehlende Paid Push Setup – das macht es schwer, verlässlich Reichweite aufzubauen.
❗️Tricky: Der TikTok Shop scheint den Algorithmus und damit die User Experience zu beeinflussen. Vermehrt gibt es Beschwerden, dass zu viele Shop-Videos die For you-Page ungenießbar machen.
TikTok Shop ist eine spannende Entwicklung im Social Commerce – aber keine Wunderwaffe. Der Launch in Deutschland zeigt, wie sehr Plattform-Fit, Content-Stil und Community entscheidend sind. Wer einfach nur „mitmacht“, weil es gerade Hype ist, wird enttäuscht. Wer das System aber versteht, gezielt testet und kreativ einsetzt, kann früh wichtige Learnings und womöglich Wettbewerbsvorteile sichern. Ob TikTok zum Temu oder Primark der Social-Media-Welt wird, ist noch offen. Klar ist: Social Media entwickelt sich vom Unterhaltungsraum zum Marktplatz – Content und Commerce verschmelzen.
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