Während die vergangenen Monate von Rechtsruck und Wahlkatastrophe überschattet wurden, brachte die EM eine neue positive Stimmung ins Land. TV-Kommentatoren lobten die Mannschaft für diesen Staatsdienst. Doch im Abschluss-Interview lenkte DFB-Trainer Julian Nagelsmann den Fokus auf eine andere Ebene: “Wir müssen verstehen, dass wenn man gemeinsam Dinge macht, wie die Fans, die gemeinsam mit den Spielern kämpfen für den Erfolg, dass man das auch auf andere Dinge der Gesellschaft übertragen kann.”
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Was Nagelsmann anspricht, ist ein Gefühl von Gemeinschaft – und das entstand nicht nur im Stadion, sondern auch auf TikTok. Bedingung hierfür war, dass der Kader der Nationalmannschaft jung, divers und unverkrampft ist. Die Social Media-Manager des DFB machten einen prima Job, das Adidas-Camp zur “besten Klassenfahrt Deutschlands” umzumodeln. Joshua Kimmich sprang nachts in den Pool, David Raum telefonierte mit seiner Oma, Antonio Rüdiger punktete mit trockenem Humor; es hat Spaß gemacht, den Jungs zuzuschauen. Warum? Viele von ihnen kommen aus der Gen Z und für sie ist es ganz natürlich, TikToks zu posten – ganz vorne dabei: Florian Wirtz.
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Nachdem er in einem Filter-Video “normale Kartoffeln auf die Eins” setzte, wurde der Song zur zweiten inoffiziellen Torhymne – nach “Völlig losgelöst”. Schade allerdings, dass viele der Fans Wirtz auf Basis seiner Interviewantworten mangelnde Intelligenz vorwarfen. Zwar fieberten alle mit, aber den Beigeschmack von Cybermobbing finde ich schade. Der Ansicht ist auch Saxophonist André Schnura, der die Fanmeilen und die For-You-Page Deutschlands mit Liebe überfluten lässt. Millionen von Menschen gegen Hass und für Vielfalt:
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Man kann sagen: Die Gen Z war zum ersten Mal im EM-Rausch. Und nachdem der DFB im Viertelfinale ausschied, passierte das, was für die Generation so typisch ist: Meme-Humor als Coping-Mechanismus.
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Etliche Interpretationen des vermaledeiten Handspiels ratterten durch die Feeds. Neben dem Spanischen “Basketballer” Cucurella wurde aber vor allem der Englische Schiri Anthony Taylor zum Meme-Phänomen: Etliche Nutzer*innen nannten ihr Profil um und tauchten mit Taylor als Profilbild in den Kommentarspalten auf, um Sprüche zu kloppen. Hier eine Auswahl:
“Sorry Leute, muss Ferrari finanzieren”
“Mallorca ist schön”
“Das war doch sein Fuß”
“bin jetzt reich geworden”
Es ist faszinierend, wie die Gen Z Emotionen von Euphorie bis Frust via Meme-Kultur durch die komplette Klaviatur der Plattform-Architektur trägt. Und natürlich ist es absolut richtig, sich über den Schiri aufzuregen (Let’s be honest). Aber sowohl im Fall Taylor wie auch im Fall Wirtz muss die Frage gestellt werden: Wie weit darf Meme-Kultur gehen, bevor sie in Hass umschlägt? Denn eigentlich waren sich ja alle einig, dass wir den nicht mehr brauchen. Ich schließe mich dem Bundestrainer an und sage: Ich hoffe, das bleibt so.